Aktuelle Situation in unserer Abteilung Studienfinanzierung

25.06.2025

Die anhaltenden Verzögerungen bei der Bearbeitung von BAföG-Anträgen im Amt für Ausbildungsförderung des Studierendenwerks Thüringen sind uns bewusst und wir nehmen die Sorgen und die schwierige finanzielle Lage der betroffenen Studierenden sehr ernst. Die Wartezeiten sind nicht nur für die Studierenden unerträglich. Auch wir sind mit der Situation unzufrieden, die wie folgt zu erklären ist und an deren Verbesserung wir seit Jahren anhaltend und intensiv arbeiten:

Das Studierendenwerk Thüringen nimmt die Aufgaben des Amtes für Ausbildungsförderung nach § 40 Abs. 2 und § 45 Abs. 3 BAföG als Auftragsangelegenheit des Bundes wahr. Der Freistaat Thüringen stellt die dafür notwendigen finanziellen Mittel bereit (Fallpauschale je Antrag auf Ausbildungsförderung). Der Kostenberechnung liegt eine Fallbearbeitungszahl von 600 Fällen pro Sachbearbeiter*in und Jahr zugrunde. Die vorgegebenen Zielwerte sind auf Grund des höheren Aufwands insbesondere für die Bearbeitung von Anträgen auf Ausbildungsförderung einer großen privaten Hochschule nicht mehr zeitgemäß und bedürfen einer entsprechenden Anpassung. U. a. zählen auch durch mehrere BAföG-Reformen mehr Studierende zu den potenziellen BAföG-Empfänger*innen, ihre Lebens- und Erwerbsbiografien sind teilweise viel komplexer geworden. Die Fallzahlen pro Mitarbeiter*in in der Sachbearbeitung müssen deshalb reduziert werden. Das für das Amt für Ausbildungsförderung des Studierendenwerks Thüringen zuständige Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur teilt diese Einschätzung und arbeitet an der Bereitstellung zusätzlicher Mittel und damit gleichzeitig an der Anpassung des Zielwertes.

Besonders deutlich wird die Dringlichkeit, wenn man die Anträge von Studierenden der privaten Hochschule betrachtet, für die das Studierendenwerk Thüringen seit September 2019 entsprechend der gesetzlichen Regelungen zuständig ist. An dieser Hochschule absolvieren die Studierenden ein Fernstudium, ein duales Studium oder studieren berufsbegleitend, d. h. die Einkommens- und Vermögenssituation ist häufig eine andere als bei Studierenden anderer Hochschulen in Thüringen. Die finanzielle Situation der Studierenden spielt im BAföG-Vollzug eine entscheidende Rolle. Für die Bearbeitung ihrer Anträge entsteht ein Mehraufwand, der in der Fallpauschale künftig berücksichtigt wird. Hinzukommt, dass die Anträge dieser Studierenden einen enormen Anteil an der Gesamtzahl der zu bearbeitenden Anträge einnehmen und im Laufe der letzten Jahre deutlich zugenommen haben. Das Studierendenwerk Thüringen erhält aktuell mehr als doppelt so viele Anträge von diesen Studierenden als noch im Jahr 2020.

Anträge von Studierenden an der privaten HochschuleAnträge insgesamt
201918911.677
20205.421 15.957
20216.54317.176
20229.49520.070
202311.38022.913
202411.95522.303

Die steigenden Fallzahlen bedingen einen weiteren Personalaufbau. Das zusätzliche Personal braucht es auch, um die aufgelaufene „Bugwelle“ abzubauen. Im August 2023 konnte eine Überarbeitung der bisherigen Finanzierungsvereinbarung zur Durchführung des BAföG erreicht werden. Mit der neuen Finanzierungsvereinbarung standen für die Jahre 2024 und 2025 deutlich mehr Mittel zur Verfügung, um zusätzliches Personal einzustellen. Die für 2024 und 2025 vorgesehenen 55 Personalstellen wurden durch das Studierendenwerk Thüringen durchgängig besetzt und teilweise überschritten. Im Jahr 2025 (Stand: 31.05.2025) hat das Studierendenwerk Thüringen bereits jenseits der bereitgestellten Mittel vier weitere Stellen überplanmäßig besetzt, zu deren Finanzierung das Studierendenwerk Thüringen mit dem Freistaat Thüringen im Gespräch steht. In Anerkennung dessen, dass die Komplexität der Fälle zunimmt und die Bearbeitung der Anträge einen höheren Bearbeitungsaufwand bedeutet, wurde vom Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur eine Verstetigung der personellen Aufstockung in Aussicht gestellt. Hierzu sind jedoch noch entsprechende politische Entscheidungen zum kommenden Landeshaushalt notwendig.

Gerade wegen der schwierigen Situation hat sich das Studierendenwerk Thüringen im Jahr 2023 als eines der ersten in Deutschland bewusst dazu entschieden, die elektronische Akte, sprich eine digitale Antragsbearbeitung und -verwaltung, einzuführen. Diese Modernisierung, die mit neuen Arbeitsweisen und Möglichkeiten einhergeht, bringt viele Vorteile mit sich. Der bislang größte Meilenstein ist: Digital eingereichte Unterlagen können seit August 2024 vollständig digital verarbeitet werden. Bisher mussten aufgrund gesetzlicher Vorschriften alle Unterlagen ausgedruckt und händisch den Akten zugeordnet werden. Das entsprach monatlich sechsstelligen Seitenzahlen. Ein enormes Transportaufkommen, u. a. dafür, dass die Unterlagen zur zuständigen Sachbearbeitung innerhalb Thüringens finden, konnte minimiert werden. Auch Unterlagen, die über BAföG Digital nachgereicht werden, können jetzt automatisch den Akten der Studierenden zugeordnet. Das wiederum entlastet die Sachbearbeiter*innen.

Generell befürworten wir die Digitalisierung der Fallbearbeitung und halten die elektronische Akte für eine sehr wichtige Lösung für die Zukunft. Sie stellt ein modernes Instrument dar, das zukünftig eine effizientere und schnellere Erstellung der BAföG-Bescheide ermöglichen wird.

Dennoch steckt das digitale System noch in den „Kinderschuhen“ und weist in der Softwareentwicklung deutlichen Verbesserungsbedarf auf. Das hat auch dazu geführt, dass die e-Akte bundesweit bisher in nur vier Studierendenwerken zum Einsatz kommt – und das, obwohl die ersten Ämter, wie wir in Thüringen, bereits seit knapp einem Jahr damit arbeiten. Hinsichtlich dessen benötigen wir die Bereitstellung von mehr IT-Ressourcen und die Weiterentwicklung der Anwendung des beim Freistaat Thüringen gehosteten Systems.

Die Mitarbeitenden im BAföG-Amt sind weiter bereit, den Transformationsprozess konsequent zu begleiten, auch wenn es Herausforderungen mit sich bringt, ein neues System im laufenden Betrieb einzuführen und zu verbessern. Bisher vorgegebene Arbeitsprozesse und -abläufe werden seit der Weichenstellung im Jahr 2023 durch neue abgelöst und modernisiert, bedürfen aber auch der entsprechenden Einarbeitung des Personals. Das Team stellt sich weiterhin der Aufgabe, den vorhandenen Bearbeitungsstau aufzuholen. Dafür braucht es ausreichend qualifiziertes Personal. Da die BAföG-Bearbeitung ein spezifisches Fachgebiet ist, für das es auf dem Arbeitsmarkt in der Regel kaum frei verfügbare Personen gibt, wurden neu eingestellte Mitarbeitende durch renommierte Anbieter geschult sowie durch erfahrene Kolleg*innen im Team eingearbeitet. Dies benötigt viel Zeit und bindet zusätzliche Kapazitäten, die zu Lasten der Antragsbearbeitung gehen, aber unvermeidbar sind.

Auch Studierende selbst können darüber hinaus zu einer schnelleren Bearbeitung beitragen, indem sie ihre Unterlagen online über das Bundesportal BAföG Digital einreichen. Bedauerlicherweise wird das Portal aber noch nicht umfänglich genutzt. Dabei gibt das Portal Hilfestellung zum Antrag und dazu, welche Unterlagen einzureichen sind bzw. noch fehlen. Festzustellen ist, dass ca. 90 % der eingereichten Anträge unvollständig sind, was eine Nachforderung von Unterlagen und damit Verzögerung in der Bearbeitung verursacht. Eine verstärkte Nutzung des Portals BAföG Digital würde dazu beitragen, die Mitarbeitenden des Studierendenwerks Thüringen zu entlasten.

Die Digitalisierung der per Post eingereichten Unterlagen erfolgt im Serviceteam des BAföG-Amtes, das auch für allgemeine Fragen zum Thema Studienfinanzierung zur Verfügung steht. Die Kontakte sind auf der Webseite des Studierendenwerks Thüringen zu finden. Weitere Tipps zur Antragstellung geben wir auch auf unserer Webseite.

Das Studierendenwerk Thüringen

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